Chamanna Tuoi
Chamanna Tuoi

Cha­man­na Tuoi

29. August 2020, Autor: Robert

Schellen-Ursli und die Smartwatch

 

Und schon wieder fahren sie über den Flüelapass. Das Unterengadin scheint WalkItEasy magisch anzuziehen. Vom Bahnhof Guarda, wo das WIEmobil geparkt wird, geht es über steile Wiesen, deren Raine eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt beheimaten, hinauf ins malerische Dörfchen Guarda, das ein bisschen wie ein Museum wirkt. Weniger, weil es wegen der frühen Stunde so ausgestorben ist, sondern weil man sich angesichts der wunderschön restaurierten, uralten Engadiner Häuser wie in einer anderen Zeit wähnt.

Guarda ist zudem das Dorf des Schellen-Ursli, Protagonist eines Schweizer Kinderbuchs, das sich bei Alt und Jung grosser Beliebtheit erfreut und durch einen vor wenigen Jahren gedrehten Spielfilm zusätzliche Bekanntheit erlangt hat. Nachdem die Wandergruppe gemütlich durchs Dorf geschlendert ist und die spezielle Atmosphäre aufgesogen hat, geht es über Feldwege hinauf zum Plan dad Ors und von dort zur Alp Sura, wo eine erste Rast ansteht, bevor es hinein geht ins Val Tuoi.

Der Aufstieg gestaltet sich vollkommen relaxed und so tut es eine Teilnehmerin den WIEberts gleich und entledigt sich ihres Schuhwerks. Nicht verzichten möchte Wanderleiter Herbert allerdings auf seine neue Premium GPS-Multisport-Smartwatch. Die laufende Kontrolle seiner wichtigsten Körperfunktionen bis hin zum aktuellen Stresslevel sind ihm wichtig. Noch mehr Bedeutung bekommt das Ganze als herauskommt, dass ein anderer Gast ein ähnliches Modell von einem Mitbewerber trägt, wie die Konkurrenz im heutigen “Gschpürsch mi, Fühlsch mi”-Wirtschaftsjargon heisst. Ab sofort gewinnen zusätzliche Funktionen und exakte Messdaten eine ganz neue Bedeutung.

Das Wetter, das bei der Abfahrt in Liechtenstein nicht sehr verheissungsvoll ausgesehen hat, zeigt sich im sonnigen Engadin vom Morgen weg noch von der guten Seite und so können die Wanderer bei der Mittagspause am Lai Blau sogar noch ein wenig Bräune schwingen. Für ein Bad ist es ihnen dann aber doch zu kalt. Auch ein Abstecher hinauf zum Fil da Tuoi, dem Grat zwischen dem Piz Cotschen und dem Piz da las Cavigliadas scheint ob einer heranziehenden Wolkenwand nicht indiziert und so entscheidet sich die Gruppe, nach erneutem Uhrenabgleich, zum Aufbruch Richtung Chamonna Tuoi hinunter.

Der Abstieg ist ein Hochgenuss, denn neben der wunderschönen Aussicht hinunter auf die Alpweiden der Prada da Tuoi, bietet vor allem die Südseite des Piz Buins einen majestätischen Anblick. Dieser wird noch verstärkt dadurch, dass er in diesem Moment wie in einen dicken Mantel aus Nebel gehüllt am Ende des Val Tuoi thront. Die steife Bise und der zwischenzeitliche Regen verleihen dem Ganzen noch einen Hauch Norden und wer es ein wenig mit Island hat, sieht hier Elfen, Gnome und Trolle herumturnen.

Durch die wetterbedingt frühe Ankunft in der Hütte, bleibt viel Zeit für’s gemütliche Zusammensein, was noch schöner ist, wenn draussen der Wind um die Ecken heult. Die Gruppe übt sich bald in dem bekannten Schweizer Kartenspiel “Hosen ab”. Wanderleiter Robert tut sich dabei allerdings schwer. Erstens kann und will er sich nicht daran gewöhnen, dass man über dem Rhein gegen den Uhrzeigersinn spielt, zweitens sehen die Karten anders aus, vor allem die Assen und Zehner sind nur sehr schwer zu identifizieren bzw. den jeweiligen Farben zuzuordnen und drittens scheint das Spiel trotz seines prosaischen Namens ein unglaubliches taktisches Verständnis vorauszusetzen. Noch schlimmer kommt es allerdings, das trifft aber auch den Rest seiner männlichen Mitstreiter sehr hart, als am Schluss auch noch die Frauen gewinnen. Da sieht man wieder, wer die Hosen anhat, könnte man sagen.

Auch auf der Tuoi erweist sich Corona als Segen, was die Dichte der Zimmerbelegung angeht. Physical Distancing ist eine super Sache, wenn es dazu beiträgt, dass dir dein Bettnachbar nicht direkt ins Ohr schnarcht. Wobei WalkItEasies natürlich sowieso nicht schnarchen. Am nächsten Morgen vermelden alle, die während der Nacht mal wach waren, dass es komplett ruhig war im Zimmer. Dem zeitweiligen Geruch nach zu urteilen, hätten Einzelne aber eigentlich im Zimmer “Verstancla” schlafen müssen und nicht mit dem Rest der Gruppe im “Fliana”.

Am nächsten Morgen geht es zunächst einmal über Geröllfelder hoch zur Furcletta zwischen dem gleichnamigen Piz und der Nordseite des Piz da las Cavigliadas (was übrigens “Gemsenfalle” bedeutet und prompt taucht dort auch eine auf). Da auf dem Pass gerade einige Senioren Rast machen, die durch das forsche Tempo, das sie beim Aufstieg vorgelegt haben, ein wenig an der Ehre der Gruppe gekratzt haben, führt Wanderleiter Robert die WIEsies noch ein Stück höher auf dem Grat auf einen Geländehöcker, wo die Pause in Ruhe und mit gebührendem Abstand genossen werden kann. “Wir schauen aufeinander”, geht von oben herab auch einfacher. Beim Abstieg durch das Val d’Urezzas Richtung Val Tasna, das nach Ardez hinausführt, kommt noch eine andere Interpretation des Mottos dazu, denn während WIEbert Herbert mit dem Appenzeller Pärchen in der Gruppe auf der rechten Seite des Aua d’Urezzas absteigt, bleibt WIEbert Robert mit dem aus Liechtenstein auf dem offiziellen Wanderweg auf der linken. Da könnte man jetzt sagen: “Wir sehen euch, im Fall.”

Kurz vor dem Plan d’Agl, wo das Val Urschai Richtung Norden zur Fuorcla Tasna führt, von wo es nach Ischgl hinuntergeht (der aufmerksame Leser checkt, das Thema lässt uns nicht los), kommt endlich eine Brücke, wo Herbert seine Anvertrauten trockenen Fusses über den reissenden Bach führen und mit dem Rest der Gruppe vereinen kann. Angesichts Hunderter Schafe, die durch das Tal hinaufweiden, lädt natürlich auch dies zu Assoziationen ein.

Glücklich vereint geniessen die WalkItEasies die Mittagspause am Rande der malerischen Ebene am Fusse der Silvretta. Bei Las Miranas entscheidet die Gruppe den oberen Weg Richtung Plan Chamueras zu nehmen, was sich als absolut richtig erweist, denn dieser führt immer schön gerade am Hang entlang durch herrliche Lärchenwälder, in denen kürzlich ausgeholzte Schneisen den Duft von frischem Holz verströmen und sich am Wegesrand eine wahre Blumenpracht findet. Dermassen euphorisiert, ist dann der Abstieg nach Ardez nur noch ein Kinkerlitzchen und die Freude an der Schönheit der Engadiner Welt nimmt kein Ende.

In Ardez angekommen verweisen die WIEberts, wie es sich für ordentliche Wanderleiter gehört, noch auf das durchaus aussergewöhnliche Ausstellungsprogramm im Ort. In zahlreichen alten Engadiner Häusern werden Exponate namhafter Künstler präsentiert. Als jedoch aus Ai Weiwei, im Munde der mittlerweile doch recht streichfähigen Wanderer, Au Weiwei wird und die intelligenten Uhren unserer Vorzeigesportler einen verdammt hohen Kalorienverschleiss kundtun, liegt der Schluss nahe: “Auweiowei, es ist Zeit für ein Bier.”

Tolle WIEnderung durch eine archaische Landschaft am Fusse des höchsten Vorarlbergers - bestens organisiert und mit viel wissenswerten Infos über Land, Flora und Fauna. Walk it easy - but walk it!
Wolfgang Wachter
Wunderschöne Rundwanderung am Fusse des Piz Buin.
Rahel Weder

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